Bodenzustandsberichte Rheinland - Pfalz
Seit Jahrhunderten unterliegen die Böden einer intensiven Nutzung und Stoffeinträgen, wodurch die natürlichen Eigenschaften und Funktionen oftmals nachhaltig verändert wurden und werden. Die Betrachtung und Bewertung der Bodeninhaltsstoffe ist ein wichtiger Aspekt des Bodenschutzes. Sowohl anorganische als auch organische Schadstoffe besitzen häufig eine sehr hohe Persistenz im Boden. Sie verbleiben dort über Zeiträume, die der Mensch nicht überblicken kann. Punktuell stark mit Schadstoffen belastete Standorte, sog. Altlasten, können gesichert oder dekontaminiert werden. Dagegen können flächenhaft belastete Böden in der Regel aus ökonomischen Gründen nicht wieder in einen quasinatürlichen Zustand zurückgeführt werden.
Ein Ziel des Bodenschutzes ist nach Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG (1998)) und Landesbodenschutzgesetz (LBodSchG (2005)) die Vorsorge gegen das Entstehen schadstoffbedingter schädlicher Bodenveränderungen. Eine Grundvoraussetzung ist die Ermittlung des stofflichen Ist-Zustandes der Böden. Aus diesen Daten sind quasi-natürliche Wertebereiche (Hintergrundwerte) der Bodeninhaltsstoffe abzuleiten.
Über unterschiedliche Wege wie Luft und Wasser oder durch direktes Aufbringen von Düngemitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Klärschlamm gelangen Fremdstoffe in den Boden. In unterschiedlichem Maß können Böden Problemstoffe binden und somit als Filter und Puffer wirken. Diese Eigenschaft ist aber begrenzt und kann z.B. aufgrund von Säureeinträgen abnehmen. Ist die Pufferkapazität des Bodens erschöpft, führt dies zur Mobilisierung von Nähr- und Schadstoffen. Das Ausmaß der Mobilisierung ist stoffspezifisch sehr unterschiedlich. Kann der Boden einen Stoff nicht mehr binden, besteht die Gefahr, dass dieser über den Bodenbildungsbereich hinaus in tiefere Schichten und in das Grundwasser gelangt. Nährstoffverarmung der Böden und Grundwasserbelastungen sind mögliche Folgen. Labil gebundene oder gelöste Schadstoffe können zudem aus Böden über die Pflanze verstärkt in die Nahrungskette gelangen. Eine Überlastung der Böden hat daher nicht nur nachhaltige ökologische Auswirkungen, sondern auch ökonomische Konsequenzen.
Schon seit vielen Jahren führt das Landesamt für Geologie und Bergbau im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten (MUEEF) und unter der Projektleitung des Landesamtes für Umwelt (LfU) flächenhafte Untersuchungen zur stofflichen Beschaffenheit der Böden durch. Im Jahr 1985 bildete sich auf Veranlassung des damaligen rheinland-pfälzischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Umwelt eine interministerielle Arbeitsgruppe Bodenbelastungskataster. Diese erarbeite ein Konzept für eine flächenhafte Inventur der Bodenbelastungen, um Informationsgrundlagen für Bodenschutzmaßnahmen zu verbessern. Das Bodenbelastungskataster war die erste flächenhafte Bestandsaufnahme der Böden in Teilgebieten des Landes. Da die Errichtung eines umfassenden Bodenschutzkatasters eines erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwands bedarf, wurden für das Pilotprojekt zunächst 10 Topographische Karten im Maßstab 1:25.000 (TK25) ausgewählt. Neben anorganischen (z.B. Schwermetalle) und organischen Stoffen (Biozide, PCB, PAK) wurden auch einige Parameter erfasst, die das Filter- und Rückhaltevermögen der Böden, die unterschiedliche Herkunft der Stoffe und Nährstoffversorgung der Böden charakterisieren. Hierzu zählen grundlegende Parameter wie Korngrößenzusammensetzung, pH-Wert, Carbonat-, Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt sowie Gehalte einiger essentieller Nährstoffe.
In der Pilotstudie Bodenbelastungskataster wurden die Ergebnisse der Datenerhebungen systematisch zusammengetragen, bewertet und 1996 in einem Bericht zusammengefasst. Unter Berücksichtigung der in der Pilotstudie gewonnenen Erfahrungen folgte 1998 das Programm der Bodenzustandsberichte. Für eine flächenhafte und fortführbare Erfassung wurden 11 weitere Untersuchungsräume ausgewählt, die hinsichtlich der naturräumlichen Ausstattung, Bodennutzung und -belastung über ihre Grenzen hinaus weite Landesgebiete charakterisieren sollten. Durch neuere Erkenntnisse und Anforderungen im Bodenschutz und verbesserte analytische Verfahren wurde das ursprüngliche Untersuchungsspektrum auf zusätzliche Spurenelemente und weitere organische Schadstoffparameter wie PCP, „Dioxine“, dl-PCB und Radionuklide ausgeweitet. Hinzu kam auch ein Verfahren mit dem der leicht mobilisierbare Anteil an Spurenelemente bestimmt werden kann sowie die Messung künstlicher Radionuklide, wie z.B. 137-Cäsium. Ferner wurde nicht mehr ausschließlich der oberste Mineralbodenhorizont untersucht, sondern auch verstärkt Unterböden und Untergrund beprobt und analysiert. Die horizontbezogene Beprobung der oberen 30 cm des Oberbodens erfolgte im 1 km2-Raster. An ausgewählten Standorten wurden zusätzlich vollständige Bodenprofile horizontweise beprobt. Bei etwa jedem 3. Standort wurden zudem in Oberböden der Gehalt an den erwähnten organischen Schadstoffen bestimmt.
Die Ergebnisse wurden in folgenden Berichten veröffentlicht:
- Bodenbelastungskataster Rheinland-Pfalz, 1996
- Bodenzustandsbericht Mainz, 1998, Nachdruck 2002
- Bodenzustandsbericht Kisselbach, 2000, Nachdruck 2002
- Bodenzustandsbericht Pirmasens-Nord, 2001
- Bodenzustandsbericht Westerburg, 2003
- Bodenzustandsbericht Rockenhausen 2006
- Bodenzustandsbericht Bad Dürkheim-Ost, 2009
- Bodenzustandsbericht Morscheid-Riedenburg, 2010
- Bodenzustandsbericht Bleialf, 2014
- Bodenzustandsbericht Gillenfeld, 2016
- Bodenzustandsbericht Burgbrohl, 2017
- Bodenzustandsbericht Birkenfeld, 2018
Die Veröffentlichungen können kostenfrei über die Pressestelle des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten sowie über Bodenschutz(at)mueef.rlp.de bezogen werden.
Anlässlich des Internationalen Jahr des Bodens wurden 2015 von allen bislang erschienen Berichten Online Fassungen erstellt und die im Textteil enthaltenen landesweiten geochemischen Übersichtskarten aktualisiert. Alle Berichte stehen unter mkuem.rlp.de zum Download bereit.
Da im Projekt Bodenzustandsbericht bis 2006 Schwerpunktgebiete untersucht wurden, fehlten für die (großen) Räume zwischen diesen Gebieten analytische Daten. Zur Schließung dieser räumlichen Lücken erfolgten ab 2010 ergänzende Beprobungen in einem gröberen landesweiten 4 x 4 km-Raster. Bis Ende 2013 wurden landesweit weitere 820 Profile in diesem Raster bodenkundlich untersucht und beprobt. Innerhalb der zu untersuchenden Zellen wurde der Entnahmepunkt so gewählt, dass das darin flächenhaft wichtigste Substrat und die Hauptnutzung der Zelle möglichst erfasst wurden. Weitere Punktdaten stammen aus den Projekten BK50, Musterprofilen der Bodenschätzung, Forstlichen Standortkartierung, Bodenzustandserhebung (BZE II) und weinbaulichen Referenzstandorten. Aufgrund dieser landesweiten Erfassung der Bodendaten bezüglich aller relevanten Substrate und Bodenformen in Rheinland-Pfalz ist eine Übertragung anorganischer Schadstoffgehalte auf nicht untersuchte Standorte mit nun höherer Sicherheit möglich.
Der verfügbare landesweite Datenbestand umfasst mittlerweile ca. 6.100 Bodenprofile (Stand 2020). Er enthält mehr als 27.000 Horizonte von denen fast 21.000 beprobt und analysiert wurden. Sie verteilen sich auf etwa 5100 Rasterflächen von 1 qkm, was etwa einen Viertel der Landesfläche entspricht. Die Gesamtdaten wurden für den im Jahr 2008 erstmals erschienen Bericht "Hintergrundwerte der Böden von Rheinland-Pfalz" nach den vorherrschenden Bodensubstraten und Bodennutzungen gruppiert und systematisch ausgewertet um typische Wertebereiche der Bodeninhaltsstoffe abzuleiten. Dieser Bericht befindet sich für die mittlerweile 3. Auflage in einer grundlegenden Überarbeitung.
Die Printversion des Berichtes "Hintergrundwerte der Böden von Rheinland-Pfalz" kann ebenfalls kostenfrei bei der genannten Pressestelle bezogen werden. Die Online-Fassung ist unter mkuem.rlp.de zu finden.
Trotz der jahrelangen Anstrengungen besteht weiterhin Bedarf den stofflichen Zustand der Böden zu untersuchen. Das Ökosystem Böden verhält sich bezogen auf diese Fragestellung zwar meist träge, aber nicht statisch. Schon innerhalb von Jahrzehnten sind Veränderungen zu beobachten. Während zu Beginn dieser Arbeiten vor allem die Suche auf stoffliche Bodenbelastungen von Interesse war, können die Daten aber auch für Fragestellungen von großem Nutzen sein, die heute mehr im Fokus stehen. Hier wäre zum Beispiel der Boden als Kohlenstoffspeicher zu nennen.
Mögen diese Untersuchungen auf den ersten Blick eher akademisch wirken, so können sie für den Bürger oder die Kommunen unmittelbar von ganz praktischen ökonomischen Nutzen sein. Nicht selten besitzen Böden Stoffkonzentrationen, die über gesetzlichen Schwellenwerte liegen. Überwiegend hat dies natürliche Ursachen und sind dann meist auch unkritisch. Dies könnte jedoch bei kleinen wie großen Bauvorhaben enorme Kosten verursachen. Der Gesetzesgeber schreibt dann eine fachliche Prüfung vor und eröffnet bei natürlichen Gründen die Möglichkeit den Boden ohne Entsorgung nutzen zu können. Solche Bewertungen wären aber ohne fundierte Datengrundlage nicht möglich.
Auch wenn Rheinland-Pfalz im bundesweiten Vergleich schon sehr lange und sehr intensiv am Thema stofflicher Bodenzustand arbeitet, bestehen in nicht wenigen Räumen weiterhin Informationslücken, die geschlossen werden müssten. Letztendlich ist Bodenschutz auch Grundwasserschutz und Klimaschutz.