Digitale Weinbergsbodenkarte Rheinland-Pfalz
Bodeneigenschaften wie Wasserspeicherfähigkeit oder Nährstoffverfügbarkeit bestimmen nicht nur das Wachstum der Reben, sondern beeinflussen auch den Charakter der Trauben und somit den Geschmack des Weines. Der Boden übernimmt eine entscheidenden Bedeutung für den standortangepassten Weinbau und damit für eine nachhaltige Entwicklung der Weinbaugebiete. Bei der Klassifizierung der Weinbergslagen als "Terroir" spielt der Boden neben dem Faktor Klima eine zentrale Rolle (Böhm et al. 2004). Die Bodenverhältnisse aller Weinbauregionen in Rheinland-Pfalz sind in handgezeichneten Weinbergsbodenkarten festgehalten, die in Verbindung mit umfangreichen Kartenlegenden über Boden und Standorteignung Auskunft geben. Im Projekt "Digitale Weinbergsbodenkarte Rheinland-Pfalz" werden diese "analogen" Daten digitalisiert und aufgearbeitet. Mit der modernen digitalen Weinbergsbodenkarte können Informationen zu allen Bodeneigenschaften in beliebiger Kombination als Karten dargestellt und parzellenscharf, d. h. bis auf einen speziellen Weinberg genau wiedergegeben werden.
Kartierung der Weinbergsböden
Geologische Strukturen und Gesteinseigenschaften beeinflussen wesentlich die Verbreitungsmuster und Eigenschaften unserer Böden. Das Landesamt für Geologie und Bergbau führte im Rahmen eines von der Wiederaufbaukasse Rheinland-Pfalz geförderten Vorhabens in der Zeit von 1951 bis 1987 eine Kartierung der Weinbergsböden aller Weinbaugebiete von Rheinland-Pfalz durch. Ziel war, diese Karten in Weinbaupraxis, -beratung und -planung zu verwenden und besonders zu gewährleisten, dass infolge der durch Reblausbefall bedingten Umstellung auf amerikanische Unterlagsreben für jeden Boden die richtige Unterlage ausgewählt werden konnte (LOTHHAMMER 1987). Die in Rheinland-Pfalz auf insgesamt etwa 80.000 ha (4 % der Landesfläche) durchgeführte Weinbergsbodenkartierung bezieht sich auf ca. 620 Gemarkungen, die von ca. 1.200 Einzelblättern abgedeckt werden. Bei der Kartierung mit durchschnittlich 40 Erdbohrungen je Hektar wurden zwei Tiefenstufen untersucht: der durch den Menschen veränderte Rigolhorizont (bis 60/80 cm Tiefe) und der "natürlich gewachsene" Untergrund (bis 100 cm, max. 200 cm Tiefe). Im einzelnen wurden folgende Parameter erfasst:
- Ausgangsgestein
- Bodenart (Fein- und Grobboden)
- Wasserspeichervermögen
- Gesamtwasserhaushalt
- Kalkgehalt Bodenreaktion
- Garebereitschaft
- Durchwurzelbarkeit.
Das Ergebnis der Kartierung sind parzellenscharfe Karten im Maßstab von etwa 1 : 1.000 bis 1 : 10.000, die Flächen einheitlichen Ausgangsgesteins ausgrenzen.
Weinbergsböden im Bodeninformationssystem
Seit 2001 wurden seitens des Landesamtes für Geologie und Bergbau alle vorhandenen analogen Weinbergbodenkarten inkl. Legenden in die digitale Form überführt. Die Ergebnisse wurden nach modernsten Gesichtspunkten ausgearbeitet und mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems (GIS) abrufbereit bereitgestellt. So entstand erstmals eine einheitliche Datengrundlage, die für weitere Auswertungen und Planungen genutzt werden kann.
Die fachliche Überarbeitung der Weinbergsbodenkarten und ihrer Legenden ist vollständig abgeschlossen. Die "Altdaten" wurden an die heute gültige Bodensystematik angepasst. Die Erarbeitung von Qualitätskriterien sowie die Ableitung von Bodenkennwerten (z.B. Wasserhaushaltsparameter, Erosionsgefährdung u.a.) standen ebenso im Vordergrund der fachlichen Arbeiten.
Mittlerweile wurde der gesamte Datensatz als Online-Karte im LGB-Mapserver verfügbar gemacht.
Anwendungen
Die digitalen Daten stehen sowohl der landwirtschaftlichen Beratung als auch interessierten Winzern zur Verfügung. Mittels der Informationen der Weinbergsbodenkarten können auf Schlag- und Teilschlagebene Informationen zu Bodenkennwerten, wie z.B. Bodenarten und Bodenwasserhaushalt, geliefert werden. Weiterhin ermöglicht die Verschneidung mit anderen digital verfügbaren Kartengrundlagen (z.B. topografische Karten aller Maßstäbe, Luftbilder, Landschaftsmodelle, Klimadaten) weitergehende Interpretationsmöglichkeiten. Auch eine Erstellung von bodenschutzbezogenen Potenzial- und Gefährdungskarten ist möglich (z.B. Pflanzenverfügbare Bodenfeuchte, Abtragsgefährdung, Rückhaltevermögen für Schadstoffe u.a.). Die nächste Abbildung verdeutlicht als Nutzungsbeispiel die Verknüpfung von Bewirtschaftungseinheiten und Bodeninformationen mittels eines Geographischen Informationssystems.
Potenzielle Anwendungsgebiete liegen im Bodenschutz und im planerischen Flächenmanagement, in der Anbauberatung:
- Optimierung des Dünger- und Pflanzenschutzmitteleinsatzes
- Hilfe bei der Sortenwahl
- Optimierung von Begrünungsmaßnahmen
- Optimierung des Beregnungsmanagements
- Vorhersage und Vermeidung von Risiken, die von der weinbaulichen Nutzung für Böden und Grundwasser ausgehen
- Einsatz als Bewertungshilfe im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren und
- Lagencharakterisierung als Baustein der Vermarktungsstrategie.
Die Einbindung von geowissenschaftlichem Wissen in die Vermarktung von Weinbaulandschaften wird derzeit in Rheinland-Pfalz bereits in Rheinhessen in einer Kooperation von Rheinhessenwein e.V., der DLR Rheinpfalz und dem LGB umgesetzt. Vom LGB werden in enger Zusammenarbeit mit Rheinhessenwein e.V. für Rheinhessen repräsentative Weinbergsböden beschrieben, beprobt und dokumentiert (siehe Projekt Stein und Wein). Die Daten werden didaktisch und gestalterisch aufbereitet und in ansprechender und allgemeinverständlicher Form, z.B. als Poster, Broschüren, Faltblätter und Internetpräsentation zur Verfügung gestellt.
Schriften
ATZBACH, O. & DUIS, H. (1990): Weinbergsbodenkartierung in Rheinland-Pfalz (1951 - 1987) In: Mainzer geowissenschaftliche Mitteilungen, Band 19, S. 151-162.
BÖHM, P. & DIEMER, S. & GOLDSCHMITT, M. & SAUER, S. & SPIES, E.-D. (2004): Stein und Wein. Die Gesamtheit macht den Unterschied. Das Deutsche Weinmagazin, H. 3 (2004), S. 26-27.
LOTHHAMMER, H. (1987): Weinbergsbodenkartierung des Geologischen Landesamtes Rheinland-Pfalz. Nachrichtenbl. Vermessungs- u. Katasterverw. Rheinland-Pfalz, Jg. 30, H. 4, S. 340-343.