Seit 2007 wird von einem Fachkuratorium unter Federführung des Berufsverbandes Deutscher Geowissenschaftler (BDG) das Gestein des Jahres ausgewählt. Damit sollen Gesteine als unsere unverzichtbare Lebensgrundlage in all ihren Facetten der breiten Öffentlichkeit nahe gebracht werden. Wegen der Corona-Pandemie wurde das Gestein des Jahres nachträglich ausnahmsweise für zwei Jahre ernannt.
Andesit – Gestein des Jahres 2020/2021
Als Gestein des Jahres 2020/21 wurde Andesit ausgewählt. Andesit ist ein vulkanisches Gestein, dessen Name auf den deutschen Geologen Leopold Freiherr von Buch (1774–1853) zurückgeht und der sich von den Vorkommen im südamerikanischen Andengebirge ableitet. In Island wurde lange Zeit der Begriff „Islandit“ und in Deutschland aufgrund des Gesteinsgefüges der Begriff „Porphyrit“ verwendet.
Andesit enthält etwa 57–63 Gewichts-% SiO2 und wird somit zu den intermediären Vulkaniten gezählt. Hauptbestandteil ist Plagioklas (Feldspat), dazu kommen bis etwa 40 % dunkle Minerale wie Pyroxene und Amphibole. In geringen Mengen finden sich oft noch weitere Minerale wie beispielsweise Magnetit, Apatit, Titanit oder Zirkon.
Aus dem Feuer geboren
Andesite sind aus einer Gesteinsschmelze an oder nahe der Erdoberfläche gebildete Vulkanite. Sie treten meist als Lavaströme oder –dome und als (Lager-)gänge auf. Letztere entstehen, wenn die Schmelze zwischen vorhandene Gesteinsschichten eindringt und dort erstarrt. Auch pyroklastische Ablagerungen und vulkanische Brekzien sind verbreitet.
Schmelzen mit andesitischer Zusammensetzung treten bei Temperaturen von etwa 950 bis 1.000 °C an der Erdoberfläche aus. Andesitische Lava ist dabei zähflüssiger als der SiO2-ärmere Basalt, jedoch dünnflüssiger als der SiO2-reiche Rhyolith.
Im frischen Zustand sind Andesite dunkelgrau-grünlich gefärbt, verwittert nehmen sie eher bräunliche bis rötliche Tönungen an. Sie sind meist dicht und kompakt, oft sind größere Feldspatkristalle als sogenannte Einsprenglinge vorhanden, die in einer feinkristallinen bis glasigen, dichten Grundmasse "schwimmen". Man nennt das ein porphyrisches Gefüge.
Häufig finden sich in Andesit-Lava Gesteinspartien, die aussehen wie ein dunkler Badeschwamm oder als seien sie mit Erbsen gespickt. Beim Erkalten der Lava sammeln sich unterhalb der Oberfläche der Lavaströme die vulkanischen Gase in Blasen an. Beim Erstarren der Gesteinsschmelze werden sie wie in einem Schweizer Käse eingeschlossen. Diese ehemaligen Gasblasen können leer sein, meist finden sich darin jedoch verschiedene Minerale, die nach der Erstarrung der Lava aus mineralhaltigen, wässrigen Lösungen auskristallisierten. Die Gesteine mit gefüllten Gasblasen nennt man auch "Mandelsteine".
Andesit baut oft markante Schicht- oder Stratovulkane auf. Berühmte Beispiele sind der Fujiyama in Japan, der Merapi in Indonesien oder der Mount St. Helens in den USA. Auch der berüchtigte Krakatau in Indonesien ist ein Andesit-Vulkan. Sie gehören zu den schönsten, aber auch zu den gefährlichsten Vulkanen der Welt. Durch die Zähflüssigkeit neigen andesitische Laven zum Verstopfen der Aufstiegsbahnen in Oberflächennähe, so dass die Entgasung behindert wird und sich dieser Überdruck dann explosionsartig entladen kann.
Weltweite Vorkommen
Andesit kommt weltweit vor. Er prägt - neben anderen vulkanischen Gesteinen - vor allem den Vulkanismus an tektonischen Plattengrenzen, bei denen eine tektonische Platte entlang der sogenannten Subduktionsszonen unter die andere in den Erdmantel geschoben wird. Dabei werden die Gesteine der abtauchenden Platte aufgeschmolzen, die zum Teil als Magma aufsteigen und den „Rohstoff“ für den Vulkanismus liefern. Bei diesen Prozessen entstehen Gebirgsketten wie beispielsweise die für den Andesit namensgebenden südamerikanischen Anden oder Inselbögen wie die Philippinen, die Marianen, Japan oder die Alëuten. Andesit ist somit eines der prägenden Gesteine des „Pazifischen Feuerrings“. Diese Vulkankette, auch zirkumpazifischer Feuergürtel genannt, zieht sich entlang der Plattengrenzen fast komplett einmal rund um den Pazifik.
Andesite kommen auch außerhalb von Subduktionszonen vor. Beispiele sind Vulkaninseln wie Island oder die Vorkommen in Deutschland. Letztere entstanden in der geologischen Epoche des Permokarbons vor knapp 300 Millionen Jahren und finden sich beispielsweise in Rheinland-Pfalz, im Saarland, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Begehrter Rohstoff
Andesit ist ähnlich wie Basalt ein besonders hartes und widerstandsfähiges Gestein. Das macht ihn zu einem begehrten Rohstoff für die Bauindustrie. Verwendet wird Andesit überwiegend für die Herstellung von Brechprodukten wie Schotter und (Edel-)Splitt für den Straßen- und Gleisbau sowie als Zuschlagsstoff für Beton und Asphalt. Auch als Naturwerkstein wird er abgebaut. Schon seit der Antike bekannt sind beispielsweise der ägyptische Porfido rosso antico und der griechische Lapis Spartanus oder Lapis Croceus – Krokeischer Stein von der Peloponnes bei Sparta.
Andesit in Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz kommen Andesite hauptsächlich im Saar-Nahe-Bergland und vereinzelt im Westerwald vor. Flächenhaft verbreitete Lavaströme, die aus Spaltenvulkanen ausgeflossen sind, sind insbesondere in der Gegend um Idar-Oberstein und Baumholder verbreitet. Die Mächtigkeit der häufig übereinander liegenden Lavaströme an der Oberen Nahe erreicht bis zu 1000 Metern. Oft finden sich auch andesitische Lagergänge, bei deren Entstehung die Gesteinsschmelze zwischen die bereits vorhandenen Gesteinsablagerungen eingedrungen ist und dort erstarrte. Diese Lagergänge können eine Länge von bis zu 12 km und Mächtigkeiten bis 200 m erreichen. Sie sind langsamer erstarrt als die an der Erdoberfläche ausgeflossenen Laven und deshalb meist gröber kristallin als diese. Man bezeichnet sie daher auch als Mikrodiorite (Diorit ist das dem Andesit entsprechende Tiefengestein). Auch Kuselit und Palatinit sind immer wieder in der Literatur zu findende (Lokal-)Bezeichnungen für diese Gesteine.
Im Saar-Nahe-Bergland und dem Nordpfälzer Bergland wurde und wird auch heute noch Andesit bzw. Kuselit in zahlreichen Steinbrüchen abgebaut. Im Jahr 2019 betrug die Förderung etwa 5 Millionen Tonnen Gestein, das nahezu ausschließlich in der Bauindustrie Verwendung fand.
Wo begegnet uns Andesit? – Einige Beispiele
Einen Blick in einen aktiven Andesit-Steinbruch kann man zwischen Haschbach und Theisbergstegen erlangen. Hier verläuft der Remigius-Wanderweg auf einem geologischen Lehrpfad am Rand des Steinbruchgeländes. Startend an einem kleinen Rastplatz bieten verschiedene Informationstafeln Einblicke in Millionen Jahre Erdgeschichte sowie historische und aktuelle Rohstoffnutzung.
Längst vergangen, aber unbedingt erwähnenswert ist die Gewinnung von schleifwürdigen Quarzvarietäten in den besonders um Idar-Oberstein verbreiteten hohlraumreichen Andesit-Laven. Die Mandelfüllungen aus Achat oder Jaspis begründeten die Idar-Obersteiner Edelsteinindustrie und hatten einen regelrechten Bergbau auf Schmucksteine zur Folge. Mit der Entdeckung der südamerikanischen Achatvorkommen im frühen 19. Jahrhundert verloren die einheimischen Schmucksteine massiv an Bedeutung und wurden durch Importe ersetzt. Heute kann man im Besucherbergwerk Steinkaulenberg in Idar-Algenroth auf den Spuren der Edelsteingewinnung untertage durch einen Andesit-Lavastrom wandeln.
Auch im Historischen Kupferbergwerk Fischbach befindet man sich inmitten von Andesit. Die dort früher abgebauten Kupfererze treten in mehreren übereinanderliegenden Lavaströmen auf. Ein Besuch ist ein echtes Erlebnis unter Tage.
Sogar in der Welt der Computerspiele kommt Andesit vor. In Minecraft, dem mit über 200 Millionen Verkäufen weltweit meistverkauften Videospiel, ist Andesit neben weiteren Gesteinen eine wichtige Ressource. Die in Minecraft relevanten Gesteine wurden in der Online-Datenbank mindat.org (englischsprachig) augenzwinkernd in die Realität übertragen.