Steinschlag- und Felssturzgefährdung der Felsenkirche in Idar-Oberstein
Idar-Oberstein ist bekannt für seine Edelsteinfunde und der daraus entstandenen Industrie. Einen ähnlichen Bekanntheitsgrad hat die Felsenkirche, welche im Jahr 1482 erbaut wurde. Das Besondere an dem Bau ist ihre Lage. Sie befindet sich in einer künstlichen Felsnische einer Steilwand von ca. 65 m Höhe und ist damit der Gefahr von Steinschlägen bzw. Felsstürzen ausgesetzt. Ebenso besteht diese Gefahr für die Häuser unterhalb der Kirche sowie den Straßenverkehr (B 41). Dabei können die abgehenden Felsen im Extremfall eine Größe von über 10 m³ besitzen. Insbesondere bei länger anhaltenden Regenfällen steigt das Risiko, dass sich Felsstücke aus der Wand lösen. Dies führte schon des Öfteren zu starken Beschädigungen an der Kirche. Aufgrund dieser Problematik müssen Lösungen zum Schutz von Menschen und Gebäuden gefunden werden. Das Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz (LGB) ist seit 1975 regelmäßig im Auftrag der Stadt Idar-Oberstein mit der Prüfung und daraus abgeleiteten Empfehlungen zur Sicherung bzw. Gefahrenabwehr tätig.
Dokumentierte Beschädigungen der Felsenkirche durch Steinschläge und Felsstürze in den Jahren:
1655, 1742, 1744, 1761, 1838, 1858, 1895, 1900, 1946, 1975, 1978, 1979, 1980, 2000 und 2001.
Geologie
In der Felswand stehen Paläobasalte an, welche als Ergussgesteine (Andesit bzw. Melaphyr) des Rotliegend-Vulkanismus (290-270 Millionen Jahre) zwischen den Sedimentablagerungen mächtige Decken bilden. Beim Abkühlen des Magmas entstanden in den Basalten Hohlräume, in denen anschließend Eisensilikate, Kalzite und Achate auskristallisierten - sogenannte Mandelsteine.
Zu unterschiedlichen Zeiten traten Lavaströme aus und bildeten mehrere solcher Decken, welche in Basis- und Dachzonen mit geringer Festigkeit sowie dem dichteren, festen Kern unterschieden werden. Aufgrund dieser Inhomogenität reagieren die Gesteine unterschiedlich auf Verwitterungseinflüsse und Spannungsumlagerungen. Dies lässt sich an der unruhigen Oberfläche der Felswände erkennen. Es liegen Vorsprünge und Überhänge in verschiedener Größe vor. Die Form der Felswände ist im Wesentlichen durch Trennflächen (Klüfte) charakterisiert: Zum einem die Abkühlungsflächen bzw. Grenzflächen zwischen den einzelnen Decken und zum anderem die Trennflächen, die auf tektonische Vorgänge zurückzuführen sind.
Untersuchungen
Die Prüfung der Gefährdungssituation ist nur durch eine direkte Inaugenscheinnahme möglich. Aufgrund der steilen Topographie kann dies nur durch Begehungen mit Seilsicherung erfolgen. Dabei werden sowohl der aktuelle Zustand des Gesteins als auch die Funktionstüchtigkeit früherer Sicherungen begutachtet. Aufgrund natürlicher Verwitterungs- bzw. Alterungsprozesse sind diese Prüfungen regelmäßig vorzunehmen, so dass die Beurteilung der Steinschlag- und Felssturzgefährdung im Bereich der Felsenkirche für alle Beteiligte eine Daueraufgabe ist. Bei der Begehung wird insbesondere auf Klüfte, Risse, Ablösungen und sichtbare Veränderungen geachtet.
Maßnahmen
Um Gefahrensituationen entgegenzuwirken, wurden im Laufe der letzten 35 Jahre folgende Maßnahmen ergriffen:
- Die Beräumung von losen Felsbrocken.
- Die Oberflächenvergütung mit bewehrtem und rückvernageltem Spritzbeton an den Felswänden, welche als die sicherste Lösung zur Gefahrenbeseitigung durch Steinschläge gilt, aber mit erheblichen Kosten sowie u. U. nachteiligem negativem optischem Eindruck verbunden ist.
- Die Verfüllung von Klüften mit Mörtel.
- Die Vernagelung absturzgefährdeter Felskörper.
- Die Durchführung von Entlastungsbohrungen, um möglichem Kluftwasserdruck entgegenzuwirken.
- Das Aufstellen von Fangzäunen, um herabfallende Steine aufzuhalten.